In Wild CoastFebruar 14, 20226 Minutes

Einblick in einen Tag an der Wild Coast

Ein Ort, den ich das Paradies auf Erden nenne.

Ein Ort, der mich ermutigt, in dieser Welt etwas zu bewegen.

Ein Ort, den Worte nicht beschreiben können.

Ich möchte in diesem Artikel einen kleinen Einblick in das Leben an der Wild Coast geben. Ein Jahr lang war dieser Ort mein Zuhause und ich erinnere mich nur zu gerne zurück an diese Zeit:

Es ist früh am Morgen

Der Himmel über dem Ozean beginnt sich lila und rot zu färben. Ein Sonnenaufgang wie im Bilderbuch. Die ersten xhosa Mamas haben sich bereits auf den Weg zu den Felsen gemacht, um Austern zu sammeln. Mit Eimern bewaffnet sind sie bereit für die morgendliche Muschelernte. Während ich sie beobachte, höre ich in der angenehmen Stille nun einen Hahn krähen.

Das Dorf erwacht und die ersten Tiere versammeln sich um die Wasserlöcher. Aber ich spreche nicht von Löwen, Elefanten und Giraffen, wie sich viele Menschen das wilde Südafrika vorstellen. Einige Kühe, Esel und Pferde trinken aus den kleinen Seen am Wegesrand. Die Tiere laufen frei durch das Dorf und werden nur zu bestimmten Anlässen eingezäunt.

Am Strand sieht man so früh keine Menschenseele und nur wenige Meter entfernt liegt der Mdumbi River. Mit einem Kajak gibt es hier die Möglichkeit, das Leben am Flussufer zu beobachten. Zwischen den faszinierenden Mangroven verstecken sich die verschiedenen Vogelarten und auch ein paar Einheimische sind zu entdecken. Beide haben das gleiche Ziel: ein Fisch zum Mittagessen.

36 Grad in der prallen Mittagssonne

Ein langer und steiler Weg führt zurück vom Fluss in das Dorf. Bei 36 Grad in der prallen Mittagssonne kann das ganz schön anstrengend werde. Die Mamas gehen diesen Weg fast täglich. Auf ihrem Kopf balancieren sie Äste und Stöcke, die sie am Ufer gesammelt haben. Die Frauen im Dorf faszinieren mich jeden Tag aufs Neue. Ob ein Eimer mit Wasser oder ein 25kg Reissack, sie transportieren fast alles für mehrere Kilometer auf ihrem Kopf. Kein Wunder, dass ich von ihnen ausgelacht werde, wenn ich nicht mal diesen Weg ohne Atempause hochkomme.

Im Dorf gibt es nur eine Straße, die mit dem Auto befahren werden kann, trotzdem ist sie nicht asphaltiert und hat viele Schlaglöcher. Man sieht nicht oft ein Auto auf dieser Straße, aber wenn dann mal eins da ist, dann ist der Fahrer meist bekannt. Ein kurzes Handzeichen reicht aus und schon hat man sich auf der Ladefläche einen Platz gesichert. Ganz egal, ob man nur einen Kilometer durchs Dorf oder 150 Kilometer in die nächste Stadt fährt, auf der Ladefläche hat man immer den besten Ausblick auf die atemberaubende Landschaft der Wild Coast.

Die Landschaft ist traumhaft

Auf den vielen Hügeln stehen vereinzelt ein paar Rundhäuser*, die aus Schlamm, Gras und Kuhmist gebaut werden. Nachhaltige Ressourcen, die überall zu finden sind und als das Fundament isolierender Wände dienen. Bei hohen Außentemperaturen ist es in den Häusern angenehm kühl. Diese Rondavels, wie sie in Südafrika genannt werden, sind in allen möglichen Farben vertreten, besonders häufig sind die Häuser in verschiedenen Blau- und Grüntönen.

An Tieren rennt fast alles rum, was zwei oder vier Beine hat. Hunde, Kühe, Ziegen, Schweine und Esel sind die „Big Five“ der Transkei, da diese Tiere einem immer über den Weg laufen, sobald man nur das Haus verlässt. Drum ist es auch nichts Ungewöhnliches, wenn mal eine Kuh Herde die Straße versperrt oder ein Esel seinen Kopf durch das Zimmerfenster steckt. Wie die Menschen bei den vielen freilaufenden Tieren immer genau wissen, welches Tier zu wem gehört, das habe ich bis heute noch nicht verstanden.

Das Leben auf dem Land

Das Dorfleben hier in Südafrika unterscheidet sich nicht groß zu dem, wie wir es in Deutschland kennen. Jeder weiß hier alles. Klatsch und Tratsch gehört zum Alltag. Da wird nicht gewartet bis am Wochenende das nächste Fest ansteht. Von einem Rondavel zum Nächsten, ganz egal ob 500 Meter dazwischen liegen, werden der Nachbarin die neusten Geschehnisse rüber gerufen. Die News des Dorfes machen hier schnell die Runde! Ab und zu singt auch jemand und durch den Schall kann man es noch meilenweit hören. Es ist ein wenig, wie Radio, nur dass man den Song nicht ausstellen kann, wenn er nicht gefällt.

Schon bald werde ich wieder das Leben an der Wild Coast von Südafrika genießen dürfen. Ich bin sehr gespannt, ob sich meine Rückkehr schon rumgesprochen hat. Welche weiteren Gedanken und vielleicht auch Sorgen ich vor meiner Abreise habe, dass erfährst du in dem nächsten Artikel.

*Ich möchte bewusst darauf hinweisen, dass es Häuser und keine Hütten sind, denn der Begriff Hütte ist äußerst abwertend.